Arbeitsrecht im Unternehmen: Ein interessantes Beschäftigungsfeld für Anwälte
Arbeitsrechtliche Belange sind in jedem Unternehmen wichtig. Sobald ein Mitarbeiter beschäftigt wird, kommen bestimmte Themen auf, die nicht selten im Streit enden. Umso mehr Angestellte ein Unternehmen beschäftigt, desto größer sind auch die Anforderungen und härter die Regelungen. In großen Betrieben ist es daher längst gängig, eine eigene Rechtsabteilung aufzubauen. Hier werden nun sämtliche rechtlichen Belange durchgeführt, seien es arbeitsrechtliche Streitigkeiten oder das Mahnwesen. Für Betriebe ist diese Vorgehensweise oft sinnvoller und kostengünstiger, da sie nicht ständig Rechtsanwaltskanzleien beauftragen müssen. Aber wie sieht die Arbeit tatsächlich aus? Welche Aufgaben übernehmen die hauseigenen Rechtsanwälte und wie werden sie unterstützt?
Zusammenarbeit mit den Gremien
Der beste Weg, um Rechtsstreitigkeiten mit Arbeitnehmern zu umgehen, ist der, sie gar nicht erst aufkommen zu lassen. Genau dies funktioniert, wenn gleich alles innerhalb eines Unternehmens geregelt wird. Ist es möglich, alle Gremien unter einem Dach zusammenzuführen und an einen Tisch zu bringen, lassen sich viele Probleme vermeiden. Das könnte wie folgt aussehen:
- Betriebsrat – in größeren Unternehmen ist ein Betriebsrat zu erlauben, wenn die Belegschaft dies fordert. Dieser vertritt die Interessen der Arbeitnehmer und dient als Mittelstelle zwischen Angestellten und Geschäftsführung. Hierfür wird er in entsprechenden Seminaren auf Betriebskosten ausgebildet. Oftmals ist es aber so, dass aus betrieblichen Gründen nicht auf jede Forderung in der gewünschten Form eingegangen werden kann. Ein hauseigener Rechtsanwalt kann hier praktisch als Mediator arbeiten und friedlich eine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung finden. Was der Anwalt nicht darf: Partei ergreifen und den Betriebsrat oder die von ihm vertretenen Mitarbeiter angehen. Es kann auch sinnvoll sein,
- Ausbildungsvertreter – beschäftigt ein Unternehmen Auszubildende oder in diesem Zusammenhang Jugendliche, ist oft eine spezielle Vertretung gegeben. Auch hier kann der hauseigene Anwalt tätig werden. In diesen Fällen muss er aber besonders auf die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Richtlinien für Auszubildende und Minderjährige achtgeben – und diese vor der Unternehmensleitung durchsetzen.
- Rechtliche Beratungen – das ist mit das Hauptaufgabenfeld des Anwaltes. Er berät das Unternehmen hinsichtlich der Kündigung oder Abmahnung von Angestellten, ist aber gleichzeitig dafür verantwortlich, korrekte Arbeitsverträge zu erstellen und dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche arbeitsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Je nach Größe des Betriebs und der Menge an arbeitsrechtlichen Tätigkeiten kann ein Rechtsanwalt innerhalb des Unternehmens natürlich weitere Aufgaben ausüben. Hierunter fallen mitunter Vertragsverhandlungen mit Lieferanten, Speditionen, aber auch Mietverträge über Produktions- und Büroräume. Solch breit gefächerte Aufgabenfelder sind aber überwiegend in Unternehmen möglich, die relativ klein sind oder die eine Rechtsabteilung beschäftigen, in der ausschließlich gelernte Kräfte arbeiten. In großen Rechtsabteilungen gibt es hingegen wieder für jeden Aufgabenbereich eigene Zuständigkeiten, sodass hier die Aufgabenverteilung auch im Rechtswesen äußerst streng verteilt ist. Das Mahnwesen in diversen Unternehmen wird häufig von Rechtsanwaltsfachangestellten selbstständig übernommen, sodass die eigentlichen Rechtsanwälte ihren Fachaufgaben nachgehen können.
Rechtliche Auseinandersetzungen mit Arbeitnehmern und Arbeitnehmervertretern
Mit ein Grund, weshalb größere Betriebe gerne eine eigene Rechtsabteilung beschäftigen, ist, dass dies auf längere Sicht günstiger ist und kürzere Wege bedingt. Betriebe müssen nicht für jeden Rechtsfall eine Anwaltskanzlei beauftragen, einen Mitarbeiter zur Besprechung abstellen und über Umwege mit dem Anwalt kommunizieren. Befindet sich die rechtliche Beratung praktisch direkt neben dem unternehmenseigenen Meetingraum, wird die rechtliche Vertretung deutlich einfacher. Und das kann bedeuten:
- Kündigungen – wenn Arbeitnehmern gekündigt wird, führt das in vielen Fällen zu einer Kündigungsschutzklage. Die Klagestellung ist das gute Recht des Angestellten, im Endeffekt laufen diese Verfahren aber auf einen Vergleich hinaus. Kaum ein Mitarbeiter will wieder in dem Betrieb arbeiten, der ihn gerade erst gekündigt hat. Mit einer hauseigenen Rechtsabteilung kann nun versucht werden, dieses Prozedere abzukürzen und schnell zu einem Vergleich zu kommen. Die Kündigungsschutzklage lässt sich jedoch nicht vermeiden – sie ist oft eine vom Arbeitsamt gestellte Voraussetzung.
- Beanstandungen – das können durchaus die Beanstandungen des Betriebsrats sein. Gleichfalls zählen natürlich auch Beanstandungen von außerhalb zum Aufgabenfeld der arbeitsrechtlichen Abteilung. Gerade von Berufsgenossenschaften oder den Kammern angesprochene Themen, die die Arbeitssicherheit oder die Gestaltung der einzelnen Arbeitsplätze betrifft, können nun geregelt werden.
- Gewerkschaften – sind Mitarbeiter in einer Gewerkschaft oder unterliegen alle oder Bereiche der Arbeitsplätze den Tarifbedingungen, sind immer wieder Streitigkeiten oder Auseinandersetzungen möglich. In seiner Position als Anwalt für das Unternehmen vertritt der Rechtsanwalt nun die Ansprüche seines Arbeitgebers, muss aber gleichzeitig mit der Gewerkschaft verhandeln, um eine Lösung zu finden. Denn wird diese nicht gefunden, droht Streik.
In bestimmten Fällen ist die Arbeit als Rechtsanwalt in der Rechtsabteilung eines Unternehmens komplizierter. Der Anwalt ist nicht mehr außenstehend, wie in einer Kanzlei, sondern befindet faktisch zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite ist das Unternehmen sein eigener Arbeitgeber, auf der anderen Seite muss der Anwalt aber auch die arbeitsrechtlichen Regelungen und Bedingungen beachten und somit notfalls gegen das Unternehmen an sich sprechen. Auf der anderen Seite ist die Beschäftigung in der Rechtsabteilung für viele Rechtsanwälte oft deutlich lukrativer. Nun arbeiten sie in der freien Wirtschaft und müssen nicht als angestellter Anwalt in einer Kanzlei um Gehalt kämpfen – oder aber, sich mit einer eigenen Kanzlei gegen die große Konkurrenz durchsetzen. Gerade für Berufseinsteiger bietet die Anstellung einer unternehmenseigenen Rechtsabteilung oft gute Chancen und die Möglichkeit, die wichtige Berufspraxis zu sammeln, die frisch aus dem zweiten Staatsexamen kommenden Anwälten fehlt.
Fazit – ein sehr interessanter Weg
Es ist natürlich längst nicht mehr so, dass jeder Rechtsanwalt eine eigene Kanzlei aufmacht oder sich eine Anstellung in bestehenden Kanzleien sucht. Je nach Region und Noten des Staatsexamens sind diese Optionen eher weniger lukrativ, da jungen Anwälten oft nicht mehr Gehalt zugestanden wird, als den erfahreneren Rechtsanwaltsfachangestellten im Betrieb. Der Weg in die Wirtschaft hingegen bietet viele Möglichkeiten und Rechtsabteilungen größerer Unternehmen können für Arbeitsrechtler ungemein interessant und abwechslungsreich sein. Aber auch hier gilt, genauer hinzuschauen. Wer als junger Rechtsanwalt viel Praxisbezogenes lernen möchte, der sollte kein Großunternehmen wählen, da hier die Aufgabenbereiche oft stark eingeschränkt sind. In mittleren Betrieben hingegen kann ein Anwalt diverse Tätigkeitsfelder übernehmen und durchaus auch als Mediator tätig sein.